Konfliktbewältigung leicht gemacht: Expertinnentipps für schwierige Gespräche – mit Laura Adagazza
Im neuesten Blogpost haben wir uns mit Laura Adagazza zu einem Interview getroffen, um über effektive Strategien zur Bewältigung schwieriger Themen im beruflichen Umfeld zu sprechen. Unser Gast teilt wertvolle Einblicke in die Macht klarer Kommunikation, die Bedeutung von Empathie und wie man schwierige Gespräche selbstbewusst führt.
Drei Dinge, die du im Blog lernst:
Klare Kommunikation: Wie du direkt über schwierige Themen sprichst und dabei verschiedene Perspektiven berücksichtigst.
Aktives Zuhören und Empathie: Methoden, um die Perspektive deines Gegenübers zu verstehen und konstruktiv auf Konflikte einzugehen.
Vorbereitung und Übung: Techniken zur Vorbereitung auf schwierige Gespräche und zur souveränen Durchführung im beruflichen Kontext.
Welche Strategien, Tools oder Methoden empfiehlst du, um schwierige Themen effektiv anzugehen, insbesondere im beruflichen Umfeld?
Klare Kommunikation: Spreche direkt über das Thema, vermeide Umwege. Dabei ist es wichtig, dass du mehrere Aspekte berücksichtigst:
Welche Situation hat den Konflikt ausgelöst oder verstärkt? Was habe ich gesehen, gehört, gemacht? Wie habe ich die Situation interpretiert?
Aktives Zuhören: Verstehe die Perspektive des anderen, bevor du reagierst.
Was hat mein Gegenüber wahrgenommen? Wie hat er die Situation erlebt und welche Bedürfnisse sind bei ihm verletzt?
Innere Haltung zum Thema: Wenn ich das Thema als schwer deklariere, dann wird es sich schwer anfühlen. Versuche sachlich die Fakten, Gefühle und Bedürfnisse von dir und dem Gegenüber zu analysieren. Überlege, wie du dich am Schluss fühlen möchtest (z.B. leicht, kooperativ etc.). Unsere Vision vom Endzustand definiert klar, wie wir über die Sache denken, fühlen und handeln (Macht der selbsterfüllenden Prophezeiungen).
Wie können Frauen im mittleren Management lernen, schwierige Gespräche selbstbewusst zu führen?
Vorbereitung ist entscheidend: Kläre deine Ziele und Argumente im Voraus.
Nutze "Ich"-Botschaften, um deine Gefühle und Bedürfnisse klar auszudrücken.
Übung macht den/die Meister:in: Simuliere schwierige Gespräche, um sachlich und bestimmt aufzutreten. Überlege dir auch im Vorfeld, was dich aus der Ruhe bringen könnte und was dir in diesem Moment helfen könnte.
Mache dir bewusst, dass Konflikte nicht nur negativ sind, sondern auch viele positive Aspekte mit sich bringen: Konflikte verändern, vertiefen, klären und positionieren. Ohne Konflikte würden Menschen in Beziehungen, Teams und Organisationen auf eine starke und innovative Kraft verzichten.
Welche Verhandlungstechniken sind besonders effektiv, wenn es um kontroverse Themen geht?
Ein erster Schritt liegt sicherlich darin, zu wissen, zu welchem Konfliktstil wir tendieren oder Präferenzen haben. Hierbei unterscheiden wir zwischen fünf Konfliktstilen: Vermeidungsstrategie, Durchsetzungsstrategie, Kooperationsstrategie, Nachgeben oder Kompromiss. Obwohl eine Person fähig ist, alle fünf Konfliktstile anzuwenden, hat sie in der Regel eine Präferenz für einen oder zwei Konfliktstile. Da wir unterschiedliche Konfliktsituationen mit verschiedenen Personen erleben, ist es von Vorteil, wenn wir die verschiedenen Konfliktstile situationsadäquat anwenden können. Wenn es einen Konfliktstil gibt, der praktisch nicht angewendet wird, lohnt es sich, genauer hinzuschauen, warum es mir schwerfällt, diesen anzuwenden.
Zweitens: Je früher ein Konflikt angesprochen wird, desto höher ist die Chance, diesen so zu lösen, dass es zu einer Win-Win-Situation kommt.
Welche Rolle spielt Empathie in der Lösung von Konflikten und wie kann sie gezielt eingesetzt werden?
Bei Konfliktsituationen gibt es immer eine Empathie-Phase, wo wir versuchen sollten, uns in das Gegenüber zu versetzen und uns zu fragen «Was hat mein Gegenüber wahrgenommen?» «Wie hat er/sie die Situation erlebt und welche Bedürfnisse sind bei ihm/ihr verletzt?» «Was braucht er/sie jetzt?» Diese Fragen können so auch beim Gespräch eingebaut werden und es kann zuerst aus der eigenen Sicht (Ich-Botschaft) verbalisiert werden und dann, kannst du fragen, wie das Gegenüber diese Fragen für sich beantworten würde. Das Aussprechen der eigenen Wahrnehmungen, Denkmuster und Emotionen schafft Nähe und Vertrauen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Konflikt gelöst wird.
Ich erachte es als wichtig zu verstehen, dass Konflikte nur gelöst werden können, wenn es gelingt, das Handeln der Konfliktpartei zu verstehen.
Welche Kommunikationsstrategien sind besonders wirksam, um Klarheit in konfliktreichen Situationen zu schaffen?
Vorbereitung, Zeit und guten Ort für das Gespräch wählen
Es ist wichtig, dass du Sichtweisen (wie jemand denkt oder glaubt) vom Konfliktthema (das was der Streitpunkt ist) zu unterscheiden. Lass Sichtweisen zu, notier sie sichtbar und besprich sie sachlich, um auf die Konfliktthemen zu kommen.
Ich-Botschaften verwenden: Kurze sachliche Beschreibung des Problems, dann in ICH-Botschaft, die daraus entstandenen Probleme aufzeigen und dann eine Bitte formulieren, wie du es gerne haben möchtest.
Welche Tipps hast du für uns, wenn wir bereits mitten im Konflikt sind und ein Problem bereits eskaliert wurde?
Achtung vor der Beziehungsfalle: z.B. «Wir arbeiten doch schon lange zusammen, da kannst du doch ein Auge zudrücken?» Solche Aussagen wiederholen und nachfragen, wie dies genau gemeint ist (Sachebene).
Es gibt die 4-A-Strategie, dabei handelt es sich um eine Kooperationsstrategie. Sie hilft, wenn viele Emotionen eine sachliche Auseinandersetzung behindern. Emotionen können zu Stress führen. Und dazu, dass das Gegenüber die Kontrolle über sein Denken verliert und die Situation eskaliert:
Ausreden lassen: Nur zuhören und Interesse signalisieren, Augenkontakt halten
Akzeptieren vom Problem: Auf das Problem des Gegenübers eingehen, z.B. « ich kann mir vorstellen, dass dies für dich…»
Aufklären der Situation: Sachliche Kommunikation wählen und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Antwort geben: Eigene Sichtweise als solche deklarieren. Wenn nötig das Anliegen weiterleiten.
Wichtig ist es, dem Gegenüber die Möglichkeit zu geben, sich zu beruhigen und seine Gedanken wieder vernünftig zu äussern.
Wie können Führungskräfte sicherstellen, dass schwierige Themen im Team offen angesprochen und gelöst werden?
Stelle sicher, dass du in deinem Team und in deiner Abteilung eine Kultur etablierst, wo das Ansprechen von Konflikten als Wachstumstreiber gesehen wird.
Agiere als Vorbild, indem du das Thema direkt ansprichst und dich dabei an Kommunikationsregeln hältst, welche ihr im Team definiert habt (z.B. Augenhöhe, Wertschätzung, Ich-Botschaften).
Achte darauf, dass Gespräche auf der Sachebene geführt werden und wenn möglich Emotionen als solche deklariert werden.
Wie können Frauen lernen, Konflikte als Chancen für persönliches und berufliches Wachstum zu sehen?
Per se lernen wir, dass Konflikte häufig negativ konnotiert sind. Es ist wichtig, dass wir uns auch die positiven Aspekte von Konflikten vor Augen führen und unsere innere Haltung zu solchen Gesprächen muss sich verändern: Konflikt soll nicht als Angst vor Ablehnung oder Disharmonie verstanden werden, sondern als die Möglichkeit zu wachsen und besser zusammenzuarbeiten. Hier einige Anregungen von Berkel (1997):
Konflikte können Kreativität fördern, indem sie den Beteiligten verdeutlichen, dass ein Problem oder eine Situation unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden kann. Sie eröffnen die Möglichkeit, ein Problem aus neuen Perspektiven zu betrachten, vertiefen das Verständnis für das Problem und erhöhen die Chance, neue und kreative Lösungen zu finden.
Konflikte bieten die Gelegenheit, sowohl uns selbst als auch andere besser kennenzulernen. In einem Konflikt erfahren wir, was uns ärgert, verletzt oder belastet, was uns wichtig ist und wie wir reagieren, wenn andere mit uns konkurrieren oder uns behindern.
Konflikte fördern die Persönlichkeitsentwicklung. Um einen Konflikt konstruktiv zu bewältigen, müssen die Beteiligten ihre egozentrische Sichtweise überwinden und sich in die Position der anderen Partei versetzen. Dies trägt zu einem höheren Mass an gemeinsamem Bewusstsein und moralischer Verantwortung bei.
Welche Ratschläge würdest du Frauen im mittleren Management geben, um ein positives Konfliktklima im Team zu fördern?
Schaffe Raum und Zeit, um über heikle, herausfordernde Themen zu sprechen. Abwarten oder Schweigen bringt bei Konflikten häufig nichts.
Etabliere eine konstruktive Konfliktkultur: Was lehrt uns dieser Konflikt? Was können wir das nächste Mal anders machen? Wir sollten wegkommen von der Frage «Wer ist für den Konflikt verantwortlich?»
Investiere Zeit und Ressourcen in die Kommunikationsfähigkeiten deiner Mitarbeiter:innen und gebe ihnen die Chance, Konflikte selber anzugehen, ohne dass es direkt zu dir eskaliert. Hierbei kannst du als Mediatorin wirken oder jemanden beiziehen, der/die neutral ist.
Warum tun wir uns mit Konflikten oft sehr schwer?
Angst vor Konfrontation: Viele Menschen fürchten sich davor, Konflikte anzusprechen, weil sie negative Reaktionen oder Ablehnung befürchten. Diese Angst kann dazu führen, dass Konflikte vermieden oder unterdrückt werden.
Mangelnde Kommunikationsfähigkeiten: Oft fehlen uns die Fähigkeiten, Konflikte konstruktiv anzugehen und unsere Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Dies kann zu Missverständnissen und ungelösten Spannungen führen.
Unsicherheit über Konfliktlösungsstrategien: Viele Menschen sind unsicher darüber, wie sie mit Konflikten umgehen sollen. Das Fehlen wirksamer Strategien zur Konfliktbewältigung kann dazu führen, dass Konflikte eskalieren oder ungelöst bleiben.
Emotionale Belastung: Konflikte können starke emotionale Reaktionen hervorrufen, wie Ärger, Frustration oder Angst. Diese Emotionen können die Fähigkeit zur rationalen Konfliktlösung beeinträchtigen.
Fehlende Bereitschaft zur Kompromissfindung: Manche Menschen betrachten Konflikte als Nullsummenspiel, bei dem es nur Gewinner:innen und Verlierer:innen gibt. Die Unfähigkeit, Kompromisse einzugehen oder gemeinsame Lösungen zu finden, kann Konflikte schwierig machen.