Wie du deinen persönlichen Kleiderstil findest, Fashion Dos & Don’ts, Dresscode für das Vorstellungsgespräch und vieles mehr – mit Luisa Rossi
"Kleider machen Leute" – sie haben einen Einfluss auf den ersten Eindruck, der sich eine Person von dir macht. Kleider können Informationen über deinen Beruf oder deine Persönlichkeit vermitteln. Und können dazu beitragen, dass du dich sicher oder attraktiv fühlst.
Wir haben uns zu einem Interview mit Luisa Rossi, DER Stilikone, verabredet. Im Interview gibt sie dir die besten Mode-Tipps. Sie gibt dir die Dos und Don’ts für Bewerbungsgespräche, was du bei Business Formal und Business Casual beachten musst und wie du dich am besten kleidest, wenn du nicht der Masse 90-60-90 entsprichst (#shortgirlproblems over here). Und sie erzählt dir von ihrem Werdegang in der Fashion-Industrie und was du dir zu Herzen nehmen solltest, wenn du einen ähnlichen Karriereweg einschlagen willst.
Wusstest du schon immer, dass du Fashion zu deiner Karriere machen willst?
Nein! Es gab auch nicht wirklich einen Link zur Fashion-Welt, ausser, dass meine Mama Haute-Couture-Schneiderin in Paris war. Ich war alleinerziehend und habe ganz verschiedene Jobs gemacht, damit ich genügend Geld verdienen konnte. Aus der Not und aus vielen Zufällen heraus, ist meine Karriere entstanden. So arbeite ich nun seit ich 20 Jahre alt bin in der Modebranche.
Zu Beginn meist als Model, wo ich erstmals die Arbeit der Stylist:innen beobachtete und dachte, dass mir das viel zu streng und viel zu viel Arbeit wäre. Und ich lieber ’nur’ das Model sein will.
Später habe ich dann diverse Jobs angenommen – da war es sicherlich hilfreich, dass ich tele- und fotogen bin und eine schnelle Auffassungsgabe habe. So war ich für ganz unterschiedliche Einsätze brauchbar.
Ich musste also ein gewisses Alter erreichen, um zu merken, dass ich Stylistin sein möchte.
Du bist DIE Schweizer Styling-Ikone – wie hast du dir diesen Namen verschafft?
Als erste Agentur in der Schweiz, habe ich Ende der 80er Jahre gemeinsam mit Coiffeur ‘Valentino’ die Agentur ‘Progresso Valentino’ für Stylist:innen und Make-up-Artists gegründet. Ich war für das Buchen und Vermitteln der Stylist:innen und Make-up-Artists zuständig. Die Make-up-Artists hatten mit ihren ‘Köfferli‘ immer alles mit dabei und gingen individuell an die jeweiligen Jobs. Bei den Stylist:innen war ich als Begleitperson dabei und habe so viel von den Besten gelernt – vieles einfach durchs Zuschauen und ‘learning by doing’.
Natürlich habe ich auch Fehler gemacht, aber immer dazu gelernt und ich bin raffinierter geworden. So habe ich z.B. 1999 ganz anders gestylt, als ich es heute machen würde und teilweise graut es mir, zu sehen, was ich da so zusammengestellt habe (lacht). Aber ich habe mich intuitiv weiterentwickelt und hatte schon immer ein gutes Auge, Empathie und Feingefühl, was mir schlussendlich dazu verholfen hat, mir einen Namen in der Szene zu machen.
Durch die Vorher-Nachher-Umstyling-Fernsehsendung ‘Cinderella‘ mit Michelle Hunziker, wo ich für das Umstyling der Teilnehmer:innen durch Kleider und Make-up zuständig war, wurde ich dann allgemein bekannter.
Heute kennt man mich. Ich bin aber immer natürlich geblieben und verbinde meine Arbeit mit Humor. Es ist mir enorm wichtig, dass ich die Mode mit Positivem verbinde. Es soll Spass machen, sich schön zu kleiden. Und ich will meinen Kund:innen den Spagat zwischen Catwalk und Mainstream vereinfachen, sodass sie sich wohl, modisch und vor allem schön finden. Es gibt für mich keine Kund:innen, die ich nicht bedienen könnte. Über die Jahre habe ich ein System entwickelt, mit dem ich mit allen arbeiten kann.
Wie findet man seinen persönlichen Kleider-Stil?
Das Wichtigste ist, dass du für dich selbst herausfindet, was du willst und was dir gefällt. Willst du z.B. elegant, sexy, casual oder romantisch rüberkommen? Bevor du also loslegst, muss der Stil definiert sein – dann hast du schon ganz viel erreicht. Basierend darauf wird dann klar, ob du z.B. ‘Rüscheli‘ haben möchtest oder eher coole Sneakers zu dir passen.
Wenn ich jemanden kleide, muss ich den Mensch von Kopf bis Fuss sehen – inkl. Brille, Haare, etc – damit ich ein finales Urteil fällen kann. Der gesamte Charakter oder Spirit macht sehr viel aus – ist die Person z.B. eher verspielt, schüchtern, dynamisch, sportlich oder schick? Ich mache dann ein Scanning in meinem Kopf und kenne die Richtung, in die es gehen soll.
Die jeweilige Saison ist ebenfalls entscheidend und solltest du berücksichtigen. Aber das A und O von deinem Stil sind die Fashion Basics in deinem Kleiderschrank. Und hier zählt: Wenn du dich wohl fühlst, ist das Ziel erreicht. Du musst also das finden, was dir gefällt, denn du musst schlussendlich glücklich mit deinem Stil sein.
Dann ist wichtig, dass du immer komplette Outfits zusammenstellst, die gut kombinierbar sind. Sonst hast du irgendwelche Einzelteile, die nicht passen. Dabei darf es natürlich einzelne Eye-Catchers geben, solange du sie kombinieren kannst.
Deshalb rede ich bei meinen Stylings immer davon, dass du ein Haus zusammenstellen musst: Von den Schuhen bis zur Jacke. So kannst du dir überlegen, was im Haus noch fehlt oder wo es eine Renovation braucht.
Wie kleidet man sich am besten für ein Vorstellungsgespräch?
Das ist stark vom Arbeitgeber abhängig. Je nachdem, ob die Firma eher konservativ, klassisch oder offen ist. Wichtig ist also, dass du dir überlegst, wo du dich vorstellst.
Eine saubere gebügelte Garderobe ist immer richtig und wichtig. Es gibt nichts Schlimmeres als ungebügelte Kleider. Dann solltest du vor allem auf den Kragen achten: Passt der Kragen deiner Bluse zum Blazer? Denn meiner Meinung nach solltest du unabhängig vom Arbeitgeber immer im Blazer und nicht im Strickjäckli an das Gespräch gehen. Strickjäckli sind casual, gemütlich, aber beim Vorstellungsgespräch geht es ums Business. Auch auf Sneakers würde ich bei einem Vorstellungsgespräch immer verzichten. Zudem empfehle ich dir auch hier auf die Saison zu achten und z.B. im Winter nicht kunterbunt aufzutauchen. Und mit einem schönen Mantel zeigst du, dass du Klasse hast.
Neben der gepflegten Kleidung ist meines Erachtens das Make-up zentral. Das ganze Package muss stimmen. Darum würde ich eher auf ein schönes, dezentes Make-Up setzen. Du möchtest ja, dass dir dein Gegenüber ins Gesicht schaut. Auf die Lippen und die Augen. Auch hier zählt wieder der gepflegte Auftritt, z.B. spielt deine Zahnpflege eine wichtige Rolle oder dass du schöne gepflegte Hände hast. Gerne mit ein bisschen Nagellack, aber beim ersten Treffen würde ich nicht eine zu knallige Farbe nehmen.
Und dann empfehle ich dir, nicht zu viele Accessoires zu tragen. Ohrringe können gut passen, aber ansonsten solltest du eher darauf achten, dass die Accessoires nicht von dir ablenken.
Inwiefern sieht Business Casual anders aus als Business Formal?
Bei Business Casual sind Jeans und Sneakers möglich. Der Blazer dazu ist dann aber Pflicht – er ist neben einer weissen Bluse dein wichtigstes Fashion Basic.
Ich selber habe übrigens immer Blazer an, wenn ich nicht weiss, was mich erwartet. Da machst du sicher nichts falsch.
Bei Business Formal muss der Anzug her. Hier lohnt es sich, dass du mal richtig investierst und nicht die graue Maus bist. Es gibt Hosenanzüge in verschiedenen Formen und Farben. Dabei ist eines ganz wichtig: Er muss unbedingt gut sitzen – d.h., dass die Länge bei den Beinen und den Armen stimmen muss. Den Blazer kannst du dann, je nachdem, wie schick du sein musst, auch nach hinten krempeln und einen cooleren Touch reinbringen.
Natürlich kannst du auch auf ein Kleid setzen, z.B. ein Etui-oder A-Kleid. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte dieses mind. eine Hand breit vom Knie sein. Und du musst dir bewusst sein, dass wenn du dich hinsetzt, man viel von deinen Beinen sieht. Das lenkt ab und ist sexy. Wenn das bewusst gewählt wird, ist es gut. Bei einem Erstgespräch würde ich aber davon abraten. Zudem würde ich beim Kleid nicht auf ein zu florales Muster setzen – auch das lenkt zu sehr ab. Und bei Business Formal würde ich unbedingt einen Blazer damit kombinieren und nicht eine Strickjacke. Auch hier musst du bereits beim Kauf überlegen, wie du das Kleid kombinieren wirst, sonst wird es zum Fehlkauf in deinem Kleiderschrank.
Allgemein würde ich zu Beginn deiner Karriere auf klassische Kleider setzen. Sobald du dann positioniert und anerkannt bist, kannst du beginnen mit deinen Outfits zu spielen.
Egal was der Dress-Code ist, wichtig ist immer, dass du dich wohl fühlst. Das spüren die Menschen um dich herum. Wenn du Kleider an hast, die nicht richtig sitzen, dann bist du andauernd am Herumzuhüpfen und bist abgelenkt. Und das löst unnötigen Stress aus und wirkt sich negativ auf deine Leistung aus.
Was sind deine Tipps für professionelle Kleidung bei der Arbeit?
Ich finde Anzüge top. Sie sind deine All-in-One-Outfits und du kannst sie je nach Anlass auch splitten. Das solltest du beim Kauf gleich ausprobieren und gute Kombinationen mit einkaufen. So bist du stets seriös, schick und sicher nicht langweilig. Und Blazer gehen ja auch im Alltag zu einer ganz normalen Jeans!
Was ist ein absolutes No-Go bei der Kleidung?
Bei den Schuhen finde ich, sieht man immer, ob jemand toppt oder floppt. Ich suche Schuhe darum auch immer als Erstes aus und kombiniere dann den Rest des Outfits.
Auch bei den Strümpfen sehe ich manchmal absolute No-Gos. Meistens ist die Farbe völlig falsch und das macht das ganze Outfit kaputt. Merke dir also: Du solltest eher einen warmen, sonnigen Ton anstatt einen zu hellen Ton wählen. Denn unser Auge geht immer aufs Helle. Wenn also deine Strümpfe das Hellste an deinem Outfit sind, dann schauen dir alle nur auf die Beine und merken nicht, dass du z.B. ein schönes Kleid anhast. Übrigens ein weiterer guter Tipp: Bewahre deine Strümpfe im Gefrierfach auf, so halten sie viel länger. Und wenn wir schon bei den Strümpfen sind: wähle nicht zu spezielle Muster oder Netzstrümpfe beim Bewerbungsgespräch. Auch das lenkt nur ab.
Was sind deine Kleider-Tipps für kleine Frauen, wie wir?
Macht euch keinen Stress! Grundsätzlich gibt es nichts, was nicht geht. Die Proportionen müssen einfach stimmen, d.h. die Länge der Hose und die Länge des Blazers oder der Jacke sind entscheidend.
Zudem sehen leichte Materialien besser aus. Das Kleid muss mit dir gehen und darf nicht zu steif sein. Material und Schnitt sind ausschlaggebend und viel wichtiger als Farben oder Muster.
Generell können kleine Dinge, wie z.B. der Gürtel, einen grossen Unterschied machen. Achte dich also immer auf die Details. Bei Models sitzt übrigens auch nicht einfach immer alles. Die kommen oft aus den Kabinen heraus und ich muss da und dort zupfen, damit es gut aussieht. Den grossen Unterschied macht man oft, wenn man Kleider richtig anzieht und nicht einfach nur überzieht.
Was würdest du jemandem raten, der/die mit einer Karriere im Fashion-Bereich liebäugelt?
Du musst modisch up to date sein. Du bist deine eigene Visitenkarte und man misst dich eins zu eins, an dem, was du trägst. D.h. dein Outfit muss natürlich, in sich stimmig sein und etwas aussagen. Versuche die aktuelle Mode irgendwie zu repräsentieren – nicht im Sinne, dass du nur grosse Brands wie z.B. Gucci oder Prada tragen musst, sondern mach deutlich, dass du Geschmack hast. Und zeige dich im besten Licht!
Über Luisa
Vor der Kamera wurde Luisa Rossi national bekannt durch diverse Funk- und TV-Sendungen wie Cinderella, Lifestyle, People, glanz & gloria sowie Radio 24. Ihre wahre Leidenschaft liegt jedoch hinter den Kulissen. Bei renommierten Shows und Events hat sie längst ihr Können bewiesen und avancierte so zur Schweizer Styling-Ikone. Sie erkennt sofort, wie sie das Erscheinungsbild einer Person optimieren und verbessern kann. Ihr modisches Fachwissen hat sich Luisa Rossi durch ihre langjährige Tätigkeit als Profimodel und Hair & Make-up Styling Agentin angeeignet. Heute ist sie die erste Adresse für namhafte Mode-Events, Seminare, Workshops, Fotoshootings, Fashion-Moderationen sowie persönliche Styling-Beratungen.
Zudem unterrichtet sie an der Schweizerischen Textilschule.