Career Change – vom Office auf das Schiff
„Du vergeudest deine besten Jahre und riskierst deine Karriere!“, „Bist du nicht zu jung, um auszusteigen?“ oder „Ich bewundere deinen Mut, aber ich könnte das nicht...“
Dies sind einige Reaktionen, die folgten, als Patricia Büeler vor zwei Jahren im Alter von 30 offiziell verkündete: „Ich kaufe ein Segelschiff, um auf unbestimmte Zeit die Welt zu erkunden“. Ein typischer Generation-Y-Move? Top ausgebildet, mit guten Karriereaussichten und auf der Suche nach dem Purpose. Maybe. Maybe not.
Zu diesem Zeitpunkt war Patricia Controllerin in einem selbst organisierten Team und Co-Projektleiterin einer globalen Business Intelligence Lösung. Zudem präsidierte sie den Aescher Kindergarten- und Primarschulrat, war Mitglied der Aescher Umweltschutz- und Energiekommission und erste Nachrückende in den Landrat Baselland. Was hat sie also dazu bewogen, ihre Karriere und ihr lokalpolitisches Engagement auf Eis zu legen, einen anderen Weg einzuschlagen und sich für das Unbekannte zu entscheiden? Im Interview sprechen wir mit Patricia über ihren Karrierewechsel, ihre Core Values und Risiken.
Du hast einen spannenden Karrierewechsel hinter dir. Wie hast du diesen Entscheid getroffen und was hat dir dabei geholfen?
Mein Richtungswechsel sieht von Aussen ziemlich extrem aus. Aber you know what? Ein Segelschiff hat einige gemeinsame Nenner mit meinen bisherigen Karriereentscheiden: Der rote Faden sind meine Core Values. Sie sind mein Nordstern oder mein innerer Kompass.
Ich bin überzeugt, dass wenn das, was du privat und beruflich tust, im Einklang mit deinen Core Values ist, du dann glücklicher UND erfolgreicher bist. Sie sind ebenfalls eine Entscheidungshilfe im Alltag: Wenn etwas nicht zu deinen Core Values passt, kannst du guten Gewissens Nein sagen. Natürlich gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, ein Leben im Einklang mit deinen Core Values zu führen – so auch bei mir.
Was sind denn deine Core Values und wie passen sie zu einem Schiff?
Core Values verändern sich oft über die Zeit – was vor fünf Jahren galt, muss heute nicht mehr aktuell sein. Die Top fünf ändern sich immer wieder: Einige werden wichtiger (bei mir z.B. die Natur) und andere verschwinden. Hier meine fünf Core Values und wie sie zum Leben auf dem Schiff passen:
Naturliebhaberin: Das innere Bedürfnis, mehr mit der Natur verbunden zu sein und mit ihrem Rhythmus zu leben, wurde nach einigen Jahren in der Corporate World immer stärker. Eine Segelreise im 2018 hat mich auf die Idee gebracht, dass ein Schiff eine mögliche Lösung dafür sein könnte.
Abwechslung: Der Ausblick auf die Herausforderung und die neu zu erlernenden Skills zogen mich fast magisch an. But why? Ich bin eine Allrounderin durch und durch und habe Mühe, mich nur auf etwas festzulegen. Ein Segelschiff ist in dieser Hinsicht ein Traum.
I love to see others bloom: Meinen Mitmenschen bei der Lösung von Problemen zu helfen und zum Erfolg zu verhelfen, macht mir Spass. Ich habe Freude daran, wenn andere ihr volles Potential entfalten und glücklich damit sind. Zufriedenheit rules – und ich umgebe mich gerne mit positiven und zufriedenen Menschen. Die Segler-Community ist bekannt für ihre positive Einstellung zum Leben und die wahnsinnig grosse gegenseitige Hilfsbereitschaft. Sounds exactly like me.
Kreativität: Ich liebe es, Dinge zu erschaffen – sei es, eine Konfitüre, ein Business Case Template, ein Sales Konzept oder einen Segelsack. Auf dem Schiff brauche ich viel Kreativität, um meinen Alltag zu meistern!
Optimierung: Bei allem, was ich tue, strebe ich nach Effizienz und Perfektion – manchmal etwas zu viel. Besser, höher, schneller, weiter – you name it. Hier ist etwas Mässigung notwendig, wobei mir das Leben auf und mit dem Schiff sicherlich helfen wird.
It’s a match, isn’t it?
Hattest du denn nie Angst, dass das Risiko des Wechsels zu gross ist?
Die besten Entscheide sind informierte Entscheide. Don’t get me wrong – spontane Entscheide ins Unbekannte sind super und lassen uns persönlich wachsen. Bei dieser Grössenordnung jedoch ist es fahrlässig (says the Controller), sich nicht mit den Risiken auseinanderzusetzen, nur weil alles sagt ‘it’s a match’.
Angelehnt an die Fear-Setting-Methode von Tim Ferris habe ich mich eingehend mit allen möglichen Risiken auseinandergesetzt. Von Karrierekillern über Invalidität und Insolvenz bis hin zur Altersarmut – nothing got left out.
Ich habe mich bei jedem Risiko gefragt:
Fände ich es schlimm, wenn es eintreten würde?
Was würde ich tun, wenn es eintreten würde?
Kann ich etwas dagegen tun?
Am Ende blieb kein No-Go bzw. Killer-Risiko übrig.
War es ein risikoloser Match also?
Für mich persönlich: Ja! And you know what? Ich bin davon überzeugt, dass mein Entscheid meine Karriere nicht zerstören wird. Im Gegenteil: Ich erweitere damit meine Werkzeugkiste und vergrössere meinen Erfahrungsschatz. Denn ich steige nicht aus und mache auch kein Sabbatical, sondern ich ändere meinen Career Path und werde Kapitänin. Und warum? Because I can!