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Wie du Burnout vermeiden und deinen Tag stressfrei planen kannst

Bereits seit ihrer Jugend begleitet sie die Faszination für Menschen. Diese Begeisterung hat Nathalie Voßkamp dazu geführt, ihren eingeschlagenen Karriereweg als Dozentin, Forscherin und Historikerin an der Universität zu verlassen und sich ganz auf die Begleitung und das Wachstum von Menschen zu konzentrieren. Heute ist Nathalie mit Leib und Seele Life Coach (DBCA) und hilft Menschen, wie dir, Sinn und Purpose für ihr Leben zu entdecken und ihre einzigartige Lebensvision zu realisieren.

Im Interview sprechen wir mit Nathalie über ihre Arbeit als Life Coach, gesellschaftlichen Druck, Rollenbilder sowie über die Herausforderungen der Corona-Pandemie. Und sie gibt dir praktische Tipps & Tricks, damit du dich im Alltag entstressen kannst.

In deiner Arbeit als Life Coach ist es dir enorm wichtig, den individuellen Purpose der Person zu definieren. Warum ist das so wichtig und wie gehst du dabei vor?

Was macht mich als Individuum aus? Was sind meine einzigartigen Fähigkeiten, Potenziale und Ressourcen, die ich mit in dieses Leben gebracht habe? Was füllt mich wirklich aus? Was gibt meinem Leben, meiner Lebensvision Sinn? Warum bin ich hier? Diese Fragen begegnen uns im Verlauf unserer Leben immer wieder. Besonders häufig kommen sie dann auf, wenn wir durch herausfordernde Zeiten gehen, uns in Phasen des Umbruchs befinden oder das Gefühl haben, etwas ändern zu wollen.

In solchen Momenten stehen wir in einem besonders engen Kontakt mit unserem Innersten; können diesen inneren Kompass intensiv wahrnehmen, um unsere Lebensvision zu entwickeln und umzusetzen. Diese Phasen zeichnen sich häufig durch Kraft, grossen Mut und eine hohe Selbstwirksamkeit aus. Sie bergen enormes Potenzial, neu und ganz intensiv hinzuschauen und für uns selbst zu klären, was uns in dieser Welt erdet, wie wir uns in ihr verorten und was für uns ein SINNliches Leben ausmacht.

Für mich persönlich bildet der Purpose eine klare Fokussierung auf unser WHY, die zentrale Basis meiner Arbeit als Life Coach. Jeder Mensch benötigt eine Kraft, eine Energie, die Mut, Stabilität, Selbstvertrauen und Zuversicht bietet. Vor dem Hintergrund dieser Divine Energy, des grossen Ganzen, egal, wie die/der Einzelne diese für sich fühlt und lebt, verortet der Mensch sich in dieser Welt. An dieser Schnittstelle aus dem Wirken des Universums und unserem Dasein als Mensch, zeigt sich unser Purpose.

Stress, Burnout – you name it. Warum haben diese Themen in unserer Gesellschaft zugenommen? Haben wir an Resilienz verloren oder hat der Druck bei der Arbeit so stark zugenommen?

Aus meiner Perspektive gibt es zwei grosse Felder, weshalb wir Menschen mehr denn je mit psychischen und mentalen Herausforderungen konfrontiert sind:

  1. Das Leben mitsamt all seinen Wirkungsfeldern, Aufgaben, Rollen, Anforderungen und auch Informationen ist so komplex wie noch nie. Es ist eine Vielfalt an Informationen und Wissen immer und häufig sogar in Echtzeit verfügbar, aufgrund derer und der mit ihr einhergehenden Möglichkeiten wir ständig Entscheidungen treffen und Gewichtungen vornehmen müssen. Dies fordert uns, unsere mentalen und psychischen Kapazitäten in einer noch nie da gewesenen Art und Weise. Dadurch kann ein ungemeiner Entscheidungsdruck und -zwang entstehen, als auch eine Überforderung.
    Gleichzeitig kommt es durch die permanente Verfügbarkeit, durch unseren Always-On-Modus, zu einer Entgrenzung der verschiedenen Lebensbereiche und einer zeitlichen und räumlichen Überlagerung. Wir sind permanent erreichbar, theoretisch immer mit der gesamten Welt verbunden und können alle Aufgabenfelder von überall bedienen. Das mag auf den ersten Blick eine immense Erleichterung der Lebensorganisation darstellen, erzeugt jedoch das Gegenteil.

  2. Wir beschäftigen uns u.a. durch die Corona-Pandemie vermehrt mit unserer mentalen und psychischen Gesundheit. Wir setzen uns intensiver mit unseren Bedürfnissen auseinandersetzen, passen sie gegebenenfalls an oder definieren sie neu. Grösstmögliche Unsicherheit in Kombination mit einer unausweichlichen Selbstfokussierung und völlig veränderten Lebensbedingungen, wie wir sie in durch Covid-19 erlebt haben, hat uns alle mit unseren ureigenen Fragen, Themen und Herausforderungen konfrontiert und zu einem Überdenken, Nachdenken und vielfach auch Umdenken etablierter Lebensmuster und -visionen veranlasst. Auch unsere Gesellschaft zeigt sich dieser Thematik gegenüber offener und sensibler. Dadurch sind diese Themen und die damit verbundenen individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen stärker in den öffentlichen Fokus gerückt, die Hemmschwelle, sich diesbezüglich zu äussern und zu verorten, ist gesunken, wie umgekehrt auch die Sensibilität der Gesellschaft für mentale und psychische Themen merklich angestiegen ist. Es gilt nicht mehr als Makel oder Schwäche, psychische und mentale Bedürfnisse zu kommunizieren, sondern als ein Symptom, eine Folgeerscheinung der sich beschleunigenden und verdichtenden Welt.

Viele Menschen sagen ständig, dass sie gestresst sind. Ist das nicht auch eine schlechte Angewohnheit oder sogar ein ‘Statussymbol’ – im Sinne ‘je gestresster wir sind, desto wichtiger sind wir’ – geworden?

Hier müssen wir drei Aspekte berücksichtigen.

  1. Stressempfinden und Belastbarkeitsgrenzen sind derart individuell und vielgestaltig, dass es unmöglich ist, mit einem Blick von aussen eine Einschätzung vorzunehmen. Während ich selbst vielleicht erst von Stress spreche, wenn ich fulltime arbeite, mich selbst um die Betreuung der Kinder kümmere und 'nebenbei' auch noch in Vereinen und Initiativen tätig bin, bedeutet für meine Nachbarin Stress, wenn sie als Hausfrau alle Verpflichtungen der Care-Arbeit und die damit verbundenen Termine koordinieren muss. Somit ist es wichtig, dass wir aus Wertschätzung und Respekt vor- und untereinander nicht darüber urteilen und nicht bewerten, welche Ursachen und Auslöser, welches Mass an Vielbelastung bei anderen Menschen zu Stressempfinden führt.

  2. Es ist durch die erhöhte Präsenz des Themas Burnout schwieriger geworden, sich diesem Deutungsmuster zu entziehen. Wenn in Zeitschriften Burnout-Checklisten, respektive Tests zirkulieren, in Gesprächsrunden die Bedeutung eines Menschen am Arbeitspensum bemessen wird und auch von Expert:innen sehr schnell Diagnosen gestellt werden, erscheint es fast unmöglich, sich diesem Sog zu entziehen. Viele Darstellungen und Erfahrungsberichte suggerieren uns darüber hinaus, es gäbe einen kausalen Zusammenhang zwischen Erfolg und Überlastung. Ganz in dem Sinn: Ich habe so viel gearbeitet, mich aufgeopfert, so dass ich mir nun das 'Prädikat' Burnout anheften kann.
    Dass es sich bei Burnout, wie auch bei depressiver Erschöpfung, um ernstzunehmende psychische Erkrankungen, um mentale Blockaden und Imbalancen handelt, und dauerhafter, negativer Stress zu psychischen und physischen Erkrankungen führt, findet keinerlei Beachtung. Dadurch geraten wir in einen Teufelskreis aus Profilierungszwang, kumulativem Stress, damit einhergehender mentaler Überlastung und einer gesellschaftlichen Bagatellisierung der zugrunde liegenden psychischen Erkrankungen.

  3. Die Belastung für und der Druck auf uns Menschen ist so hoch, wie noch nie. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden zusätzlichen Herausforderungen durch Care-Arbeit, Home-Office und erhöhten mentalen Druck haben die Situation für viele Frauen und Männer nochmals signifikant verschlechtert. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben, der Wegfall der regelmässigen, planbaren Fremdbetreuung der Kinder sowie Zukunftssorgen im privaten und beruflichen Sektor haben die psychische und physische Belastungssituation weiter zugespitzt. In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das:

    • 29,6% aller Frauen und Männer in der Schweiz sind deutlich mehr Belastungen ausgesetzt, als sie mit ihren Ressourcen bewältigen können.

    • 45% aller Arbeitnehmer:innen sind durch ihre Arbeit häufig gestresst.

    • 28,7% aller Frauen und Männer bezeichnen sich selbst als emotional erschöpft, fast ein Drittel empfindet eine permanente emotionale Überlastung.

Ich denke, diese Zahlen und auch die damit verbundenen Kernaussagen verdeutlichen sehr gut, dass wir nicht einfach 'weniger resilient', oder 'schneller gestresst' sind, sondern, dass eine tatsächliche Erhöhung, Verdichtung und Intensivierung der Anforderungen stattgefunden hat.

Deine Tipps & Tricks: Wie kann ich meinen Tag planen, damit er ‘stressfreier’ ist?

Ein guter Startpunkt ist, sich selbst erst einmal zu fragen: Was macht mich glücklich? Was tut mir gut? Wie komme ich am besten zur Ruhe? Mit einem Buch? Einem Hörspiel? Meiner Lieblingsserie? Welche Umgebung, welches Setting hilft mir, herunterzukommen? Welche Personen sind Balsam für meine Seele?

Wenn du anhand solcher Fragen begonnen hast, kannst du in einem weiteren Schritt ganz gezielt kleine Atempausen in den Alltag einbauen. Überfordere dich jedoch nicht direkt selbst – du musst nicht jeden Tag eine halbe Stunde mit deinem Lieblingsbuch auf dem Sofa verbringen. Wichtig ist, eine Routine zu schaffen. Das bedeutet, du nimmst dir ab heute jeden Tag zehn Minuten nur für dich selbst, in denen du das tust, was gut für dich ist, und etablierst dieses Ritual, indem du es konsequent mindestens drei Wochen durchhältst. Dann ist die neue Gewohnheit in deinem Leben verankert und selbstverständlich geworden.

Du arbeitest viel mit working mums & dads: Welche drei konkreten Tipps für den Alltag hast du, um in stressigen Situationen den verschiedenen Rollen gerecht zu werden?

  1. Loslassen! Es ist utopisch, davon auszugehen, dass du deine unterschiedlichen Rollen immer zu 100 % nach deinen Vorstellungen und Ansprüchen bespielen kannst.

  2. Emotionen zu- und herauslassen! Erlebe deine Emotionen ganz bewusst und in ihrer vollen Intensität. Das heisst, wenn es stressig ist: Ab an einen Ort, an dem du ungestört ist, und dann schreie, heule, brülle. Und zwar so lange, bis sich dein innerer Druck verringert hat und du dich wieder ruhig und ausbalanciert fühlst.

  3. Priorisieren! Damit meine ich nicht, eine To-Do-Liste zu erstellen, die du dann nach und nach abhakst, sondern ganz individuell und situativ hinzuspüren und dann zu entscheiden, was ist jetzt gerade gut und wichtig. Kann die E-Mail nicht auch bis später warten und du gehst stattdessen erst einmal eine Runde an die frische Luft? So kannst du viel besser, entspannter und leichter alle Aufgaben entsprechend deiner Vorstellungen erledigen und deine unterschiedlichen Rollen mit viel mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit bespielen.

Generell gilt: Lass dich nie davon verunsichern, wie andere Mamis und Papis ihren Alltag gestalten, Herausforderungen meistern und ihre Rollen ausfüllen. Versuche stets nur auf dich, deine Wertvorstellungen, Bedürfnisse und Prioritäten zu blicken, um deine Lebensvision umzusetzen.

Deine Karriere: Wie bist du Life Coach geworden? Was braucht es dazu?

Um eine fundierte Grundlage für meine Arbeit zu schaffen, habe ich eine Ausbildung zur zertifizierten Life Coach an der Dr. Bock Akademie in Zürich absolviert. Mir ist es besonders wichtig, nicht nur eine inhaltlich fundierte und anerkannte Ausbildung, einen Rucksack voller Handwerkszeug, zu haben, sondern auch über entsprechendes Hintergrundwissen und eine sehr klare berufliche Definition zu verfügen. An der Fokussierung auf das Life Coaching begeistert mich besonders der ganzheitliche Blick auf die Veränderungsprozesse der Menschen sowie die enge Verknüpfung und Verbindung zu Methoden der positiven Psychologie, des NLP (Neuro-Linguistic Programming), der Holistischen Psychologie, der Humanistischen Psychologie, der Familientherapie nach Virginia Satir und der Lösungsorientierten und Lösungsfokussierten Systemischen Therapie nach Steve de Shazer. Als Life Coach biete ich meinen Klient:innen eine wertschätzende Begleitung auf Augenhöhe. Gemeinsam machen wir uns auf die Reise – hin zu mehr SINNlichkeit, Leidenschaft und Präsenz.

Auf meiner Website findest du viele weitere Informationen zu meiner Arbeit. Gerne kannst du dich auch direkt mit mir auf LinkedIn, Facebook oder Instagram vernetzen.